Als Jugendlicher ist es immer cool seinen Geburtstag an ‚abgefahrenen’ Orten zu feiern. Das es jedoch dazu kam meinen 16 Geburtstag in Sri Lanka zu feiern war spontan und entsprang einer Notwendigkeit die ich meiner Mutter zu verdanken habe.
Meine Mutter unternahm damals eine Weltreise mit mir… okay okay, ich gebe es ja zu, dass mir die Reiselust mehr oder weniger in die Wiege gelegt wurde. Die Gründe für diese Reise waren vielfältig und es gibt keinen Grund sie euch vorzuenthalten. Als alleinerziehende Mutter zweier Söhne mit Vollzeitbeschäftigung des Sekretariats eines Gemeindeamtes dauerte es nicht allzu lange, bis sich ihre Wiederstände häuften und sie das ganze falsche ‚Getue’ in Frage stellte.
Sie wollte ‚ausbrechen’, hatte aber meinen Bruder und mich, einen unentschlossenen fünfzehnjährigen, aufmüpfigen Teenager, der schulisch eine Katastrophe und auch sonst nicht leicht zu bändigen war. Sich eine Auszeit vom Job zu nehmen war für sie, damals 1980, fast undenkbar, als alleinerziehende Mutter mit so sicherem Job. Wie auch immer. Ihre Entscheidung war getroffen… und meine stand an !
Schule, Berufslehre oder Reisen ? Dass ich damals letzteres gewählt habe ist einer der Gründe, warum ihr heute diese Zeilen vor euch habt und so sind wir damals losgezogen. Beide völlig unerfahren durchstreiften wir Sri Lanka, die Perle des indischen Ozeans, mit Sandalen, großen Rucksäcken und einer noch viel größeren Portion Naivität. Nicht nur, dass wir aufgrund des herrschenden und immer blutiger werdenden Bürgerkrieges an manchen Orten tagelang festsaßen, Straßen gesperrt wurden und das Vorankommen stets ungewiss und gespickt mit Schwierigkeiten war. Zusätzlich vertrauten wir uns auch noch der steigenden Anzahl rein männlichen Begleiter an. Prekäre Situationen waren unvermeidlich, doch singhalesische Schutzengel waren uns offensichtlich gut gesinnt.
Die Zugfahrten generell, aber im Speziellen durch das Hochland von Colombo nach Trincomale, der Ostküste Sri Lankas, war durch die offenen Wagone und die Menschenmassen, die vor dem Bürgerkrieg flüchteten, hoffnungslos überfüllt, gefährlich und ein riskanter Ort in Bezug auf Raubüberfälle. Hm… naja, alles ging dann irgendwie doch gut aus und die Erlebnisse meines 16. Geburtstags sowie die gesamte weitere Reise über Thailand und Australien, sollten bis heute einen stark prägenden Einfluss auf mein Leben haben.
Als 16 jähriger mit langer Hippie Mähne (oh ja ich hatte auch mal wallendes Haar) war Thailand für mich ‚himmlisch’. Nicht dass ich damals schon den Unterschied zwischen Ladys oder Ladyboys kannte, aber hey… auch da machte ich meine ersten spannenden Begegnungen und Erfahrungen. Naiv, wie man in jenem Alter ist, ließ ich mich auf vielerlei Abenteuer ein. Nicht weil ich sie suchte, sondern weil mich das Leben zu dem Zeitpunkt von einer neuen Erfahrung zur anderen spülte. Nach dieser abenteuerlich spannenden Reise in meiner Jugend kehrte ich im April 2016, nach 35 Jahren, wieder auf die Insel Sri Lanka zurück, aber dieses Mal nicht um zu Reisen, sondern um zu arbeiten.
Sri Lanka 2016
Das Ceylon von damals hat sich, wie sollte es auch anderes sein, sehr stark verändert. Eines hat sich für mich jedoch nicht verändert, denn die Faszination an dem Land selbst, dessen Kultur sowie die Artenvielfalt von Flora und Fauna hatte immer noch gleich große magische Anziehungskraft wie damals. Aufgrund des dreißigjährigen Bürgerkrieges war jedoch der Tourismus stark eingeschränkt. Doch in den letzten 10 Jahren hatte das einen Bungee-Effekt auf die Wirtschaft. Sri Lanka boomt. Im April 2016 habe ich meine Stelle als Assistant Director im Ayurveda & Spa Hotel „Underneath The Mango Tree“ angetreten. BOUTIQUE HOTEL
Als einziger Europäer leitete ich die komplette Belegschaft mit 84 (einheimischen) Angestellten, deren kultureller, religiöser und ethischer Unterschied nicht größer hätte sein können. Eine Kluft die es, aufgrund der hohen Anforderungen der Hotelgäste und des Investors, zu überbrücken gab. Das Hotel liegt an der Südspitze Sri Sri Lankas (also nicht zu weit raus schwimmen, denn das nächste Land wäre dann die Antarktis) und bietet aufgrund der erhöhten Lage nicht nur wunderbare Ausblicke, sondern viele Einblick in sich Selbst. Das wiederrum liegt wohl an den Intensitäten der Ayurveda Behandlungen.
Es ist wie es ist, aber es war kein leichtes Jahr – geprägt durch den ständigen Versuch alles in Balance zu halten, durchzogen von Lügen, Intrigen und den fehlenden Kompetenzen auf allen Ebenen. An dieser Stelle könnte ich mich über diese Erfahrungen ‚ausschütten’. Noch lieber aber teile ich euch mit, dass ich dadurch einen weiteren persönlichen Wendepunkt erreicht und mich noch kompromissloser dem widme was mir wichtig ist, meinen Erfahrungen und meiner Reife entspricht sowie letztendlich (m)einer Sinngebung entspricht. Es fühlt sich ‚saugut’ und nach einem Privileg an dem nachzugehen, was einem wirklich wichtig ist und gut tut.
Was ich jetzt mache, einen Travel-Foto-Blog auf die Beine zu stellen, entspringt meinen Leidenschaften, spiegelt aber auch eine gewisse Trotzbewegung meiner gegenwärtigen Lebensphase und Einstellungen wieder. Mich über den Blog auszudrücken ermöglicht mir Neues zu erkunden, Neues zu lernen, mit(zu)teilen und vor allem, durch die Reisen und den daraus resultierenden Begegnungen, über die Vielfältigkeit ‚dieser‘ Welt zu staunen.
Als Taucher und Liebhaber des Wassers möchte ich hier noch erwähnen, dass Sri Lanka weltweit die größte Blauwal Population aufzuweisen hat und das ganzjährig. Leider sind die Whale Watching Touren absolut unkontrolliert bzw. nicht reglementiert (in Bezug auf Abstand zu den Walen oder auch was die Anzahl der Schiffe betrifft).
Und so endete mein erster Versuch, diese wunderbaren Geschöpfe zu sehen, in einem Gefühl der Scham überhaupt auf dem Schiff zu sein. Warum ? Weil wir, wie besessen ein Bild von den Walen zu erhaschen, es den alten Walfängern gleich machten. Nur, dass wir anstatt den Harpunen mit Kameras bewaffnet waren. Und kaum war ein Wal in Sichtweite wurde das Horn geblasen und alle Schiffe fuhren völlig unkontrolliert und ohne auf die Wale Rücksicht zu nehmen an den Ort der Sichtung. Es war ein absolut schreckliches Gefühl für mich und ich schämte mich, Mensch mit solchem Verhalten zu sein. Ich beschloss, dass ich den Walen so auf keinen Fall mehr begegnen möchte. Einige Tage später organisierte ich ein kleines Flugzeug und flog mit vier anderen Hotelgästen und genügend Abstand zu den Walen eine Tour, um diese unglaublich schönen und vor allem riesigen Geschöpfe doch noch (aus der Luft) zu sehen. Ein unvergessliches Erlebnis.
Sri Lanka kritisch betrachtet:
Der Ausverkauf Sri Lankas begann schon um das Jahr 2008, erreicht aber jetzt, durch die Gesetzesänderung per 01.01.2016, ein neues Hoch. Hatte man noch bis zum 31.12.2015 auf sein Grundstück 100 % Steuer bezahlt, kippte die Regierung per 01.01.2016 diesen Prozentsatz auf NULL. Das wiederrum lockt große wie kleine Investoren ins Land und um die Küsten gibt es jetzt schon regelrechte Grundstücksschlachten. Hotelkomplexe schießen nicht reglementiert in Größe und Stil, wie die zahlreichen Kokospalmen, aus den Boden und mit ihnen schwinden die öffentlichen Zugänge zu den Stränden.
Unstimmigkeit und Missmanagement nicht nur in den verschiedenen Verwaltungsbezirken, sondern auch das schnelle Geld lockt und so hat die Regierung fast alle Aufträge, wie z.B. den Bau von Autobahnen, neuen Zugtrassen etc., chinesischen Firmen übergeben, welche sich im Gegenzug über Jahrzehnte ‚Rechte’ sichern. Der ‘Tipping Point’ wird, wenn dieser Trend anhält, auch in Sri Lanka unausweichlich sein und die Perle des indischen Ozeans zu einer weiteren Träne werden lassen.
Sri Lanka, April 2016