Itchy Feet

Oman – Teil II, Wahiba Sands & Al Hajar Mountains

Faszinierend, bewegend und eine orientalische Mischung aus 1001 Nacht mit der Moderne… so waren die ersten Erlebnisse und Eindrücke unserer Omanreise. Wie fast immer auf Reisen wurde ich auch hier von einer gewaltigen Welle an neuen Eindrücken überrollt. Gerne stelle ich mir dann diesen Realitäten-Wechsel wie ein Spiel vor, in dem ich auf dem Spielbrett der Erde weite Sprünge in ein anderes, mir unbekanntes Land mache und dort (wie ein Pinsel in den nächsten Farbtopf) eintauche. Im ersten Blog, Oman Teil I (über 2000 Wörter) hatte ich nur die ersten sechs Tage unserer Reise beschrieben ! Doch jetzt reisen wir weiter, ich starte den Allrad und wir fahren weiter nach Al Minzafah.

Al Minzafah mit seinen Festungen, Türmen und alten Bauwerken im traditionell omanischen Putz und Zement bietet Inschriften sowie Verzierungen, die als herausragende kulturelle Meilensteine angesehen werden. Obwohl die Gebäude der alten Stadt verfallen sind, hat die Zeit ihre Wahrzeichen nicht zerstört, die immer noch ein lebendiges Zeugnis von der ruhmreichen Vergangenheit dieser Region ablegen. Al Minzafah liegt im Bezirk Wilayt Ibra in der Al Sharqiyah Region.

Unser letzter Stopp, bevor es in die Wüste nach Wahiba Sands geht, ist das Al Mintirib Schloss, welches im 13. Jahrhundert inmitten der Stadt Al Mintirib im Bezirk (Wilayt) Badiya in der Al Sharqiyah Region gebaut wurde. Es diente dem Schutz der gesamten Bevölkerung vor feindlichen Angriffen. Während der Herrschaft des Imam Azzan bin Qais Al Busaid wurde das Schloss wieder aufgebaut, um es zu einem Machtzentrum der Gesetzgebung und Verwaltung in der Region zu machen. Das viereckige Schloss hat eine Fläche von 900 Quadratmetern und lässt einen bei einer Besichtigung schnell zurück in jene Zeit der Belagerungen versetzen.

Nach der Besichtigung des Schlosses war es dann soweit und endlich konnte unsere dreitägige Wüstentour beginnen. Diese haben wir, wie den Allrad Wagen, im Vorfeld reserviert. Nur wenige Minuten dauerte unsere Fahrt zum Treffpunkt, einer kleinen Autowerkstatt am Rande des Dorfes. Die verstaubte Werkstatt glich der Straße in Farbe und Schmutz und das Schnarchen des Besitzers, welcher auf einer alten Doppelsitzbank sein Schläfchen abhielt, wurde nur durch den pfeifenden Wüstenwind unterbrochen. Vorsichtig, als würde es sich um ein Heiligtum handeln, rüttelten wir an der alten zerfetzten Sitzbank. Der Besitzer der Werkstatt, welchen wir durch das Rütteln geweckt hatten, steuerte ohne zu zögern auf unseren Wagen zu und ließ Luft aus den Reifen, so dass wir mit einem Reifendruck von 1,3 Bar pro Reifen bereit für die Fahrten im Wüstensand waren. Die Fahrt zum Camp wurde von einem kleinen Team geführt und wir brauchten ihnen nur im eigenen Wagen zu folgen und so erreichten wir am späten Nachmittag das Nomadic Desert Camp.

Das folgende Bild zeigt in roter Farbe die Strecke zum Camp mit ca. 40 Minuten Fahrzeit. Die grüne Farbe symbolisiert unsere eineinhalb Tage Tour und die Strecke, die wir mit den Dromedaren geritten sind. 

Jetzt folgen Impressionen vom Nomadic Desert Camp – Oman und unserer Abendtour zum Sonnenuntergang, inklusive herrlichem Omani Kaffee.

Nach einem wunderbaren Nachmittag im Camp mit kleinen kulinarischen Köstlichkeiten (wie frischen Datteln) und anschließender Wüstentour, genossen wir neben dem Omani Kaffee den Sonnenuntergang auf der Düne. Die Zehen im warmen Sand, erdend und mit den Gedanken bei den Träumen, himmlisch. Das Abendessen mit traditionellen Speisen, wie geschmortem Lamm, saurem Kamel-Joghurt, Gemüse und selbstgebackenen Brotfladen rundete diesen Tag zur Perfektion ab. Das ‚Hier und Jetzt‘ wurde wieder mal zur Gänze gegenwärtig und mit dieser Bewusstwerdung stellte sich die Dankbarkeit, solche Momente erleben zu dürfen, ein. Am frühen Morgen des folgenden Tages waren unsere beiden Dromedare bereits gesattelt. Christiane und ich nahmen noch einen weiteren Schluck des kräftig heißen Kaffees und verschnürten nun auch die letzten Gepäckstücke für die Wüstentour.

Ungewöhnlich und unangenehm fühlte sich die erste Stunde auf dem Rücken des Dromedars an, doch dann findet man seinen eigenen Rhythmus, im Rhythmus mit dem Tier. Ich bin schon lange ein großer Fan von diesen Tieren, den Dromedaren. Der Rückenhöcker enthält Fettvorräte, die das Tier bei Futtermangel verbrennen kann, um Energie zu gewinnen. Zwar legt das Dromedar in seinem Höcker keinen Wasservorrat an (wie meist angenommen), jedoch bedarfsweise in seinem Magen.

Die Dromedare trotten Stunde für Stunde dahin und der gleichmäßige Rhythmus wiegt einem (fast in den Schlaf), wäre es nicht so heiß ! Um die Mittagszeit legen wir einen Stopp ein, die Dromedare liegen und auch wir bewegen uns kaum unter dem zwei x drei Meter großen Wellenblechdach mitten in der Wüste. Satte viereinhalb Stunden ‚Mittagspause‘ verbrachten wir im Schatten bevor wir wieder weiter zogen (wobei die Zeit mit einem Nickerchen, Kaffee und anderen omanischen Köstlichkeiten dann doch nicht ganz so schlimm war). Am frühen Abend und nach einem fantastisch meditativen Ritt auf den Dromedaren schlugen wir unser Lager auf. Schnell war die Schlafstätte unter freiem Himmel errichtet und während Christiane und ich den Sonnenuntergang genossen, hatte unser Führer (der kein einziges Wort Englisch sprach) ein Lagerfeuer entfacht, auf dessen Kohlen er bereits die ersten frischen Brotfladen zu backen begann.

Wir waren drei winzige Punkte in diesem Wüstenuniversum und fühlten uns riesig. Das Essen am Lagerfeuer mit den intensiven Düften und die klare Luft, welche die Brücke zum Sternenhimmel schuf, waren in ihrer reduzierten Einfachheit auch nicht zu überbieten. Trotz weniger Bewegung waren wir müde, konnten aber aufgrund des beeindruckenden Sternenhimmels einfach kein Auge zutun und so hatten wir mit unseren Stirnlampen spielerisch noch einige Zeit zugebracht. Die folgenden Aufnahmen habe ich mit der Drohne dji Mavic gemacht, wobei das letzte Bild aus einer Höhe von 500 Metern gemacht wurde und nur wenn ihr in das Bild rein zoomt könnt ihr im Ansatz unseren Schlafplatz, das Auto und die Matten (unser Esstisch am Wüstenboden) gut erkennen.

Wir haben nur wenige Stunden in einer Nacht, die wirklich kühl und kurz war, geschlafen, aber diese wiederum tief und fest. Das Erwachen und die ersten Schritte im noch kühlen Wüstensand waren einfach fantastisch und es duftete nach frischem Kaffee. Ob ihn Allah, Gott oder doch unser Guide frisch aufgebrüht hatte wusste ich nicht… aber er schmeckte himmlisch !!! Im Augenwinkel nahm ich das Lächeln unsers Guides war, welcher auch schon wieder die nächsten frischen Brotfladen aus den heißen Kohlen zog. Nach dem Frühstück luden wir alles wieder auf die Dromedare, denn schließlich hatten wir heute noch einige Stunden vor uns, wenn wir das Nomadic Desert Camp noch am frühen Nachmittag erreichen wollten. Die Dromedare trotteten Schritt für Schritt voran und wir kehrten der Wüste somit immer mehr den Rücken zu.

Der Wüstensand ist mittlerweile gleichmäßig in unserem Wagen verteilt und der Reifendruck wieder dem Straßenbelag angepasst. Unser Toyota 4 x 4 rollte somit wieder gemächlich über den heißen Asphalt, während die Kühle des Schokoladeneises von der ersten Tankstelle, welche wir überfallsmäßig um vier jener Sorten erleichterten, Staub und Anstrengungen schnell verblassen ließen. Doch noch ist unsere Abenteuertour in Oman nicht zu Ende und bevor es morgen in das bekannte Hadschar Gebirge geht, machen wir noch einen Besuch beim Misfah Old House, welches 45 km von Nizwa (und 220 km von Muskat) entfernt liegt. Das Misfah Old House ist ein kleines, altes und traditionelles, aber renoviertes Guesthouse in der Bergoase Misfah. Wer es gerne etwas einfacher, aber authentsich mag, findet hier eine außergewöhnliche Übernachtungsmöglichkeit inmitten der Oasengärten. Das Guesthouse ist meist ausgebucht, also unbedingt vorher reservieren und für uns geht es jetzt in die Berge !

Das Hadschar-Gebirge erstreckt sich ca. 450 Kilometer vom Grenzgebiet des Oman zu den Vereinigten Arabischen Emiraten bis zu seiner östlichsten Landzunge, dem Ra’s al-Hadd, in Richtung des Indischen Ozeans. Das Hadschar-Gebirge rahmt die Küsten am Golf von Oman halbmondförmig ein und trennt die fruchtbare Küstenebene Batina vom kargen Hinterland. Es ist später Nachmittag und wir fahren die gut ausgebaute Straße rauf zum Jebehl Shams während wir immer wieder stehen bleiben, um die spektakuläre Kulisse und den Sonnenuntergang mit Blick auf den Dschabal Mischt (2090 m.) zu genießen.

Wir erreichen das Plateau wo wir nächtigen wollen noch knapp vor Einbruch der Dunkelheit. Es liegt unterhalb des Südgipfels des Jebel Shams mit 2997 Metern (der Nordgipfel ist militärisches Sperrgebiet). Mit dem wenigen Holz, was wir in der Dunkelheit und in der steinig kargen Region noch finden können, entzünden wir das Lagerfeuer, denn in der Nacht kann das Thermometer hier schon mal runter auf nur 5 °C sinken.

Die Nacht war kurz und frisch, Christiane schlief im Auto und ich hatte es mir (so gut es ging) unter freiem Himmel gemütlich gemacht. Die Glocken der streunenden Ziegen und deren Neugierde waren es, welche uns schon kurz vor Sonnenaufgang weckten. Es hat sich gelohnt und während wir mit beiden Händen die heißen Tassen mit duftendem Kaffee umklammern, kehren die Lebensgeister in uns zurück. Einfach glücklich starren wir wortlos auf den Horizont.

Es ist noch früh am Morgen doch ein herrlich sonniger Tag bahnt sich an. Wir frühstücken bzw. teilen das Frühstück mit den Ziegen! Von unserem Nachtlager ist es nur mehr eine kurze Fahrt zu dem kleinen Dorf namens Khateem, wo die Straße endet und einer der bekanntest Wanderwege im Oman beginnt, der Balcony Walk.

Der Jebel Shams ist mit 3005 Metern der höchste Berg des Sultanats. Hier befindet sich auch der «Grand Canyon of Arabia», der grösste Canyon der arabischen Halbinsel. Vom Dorf Al Khatim geht der gute Weg zumeist leicht abfallend entlang eines breiten Felsbandes (auch als «W 6» bezeichnet).  Der Weg ist ungesichert und schmal, das Gelände fällt steil ab, ist aber eher geröllig als abschüssig. Gewaltig, wuchtig und in einer Dimension kaum zu übertreffen sind jene Einblicke, die einem hier den Atem rauben. Die ganze Wanderung (derselbe Weg führt hin- und wieder zurück) dauert je nach Tempo und Rastzeit etwa 5 Stunden. Aber lehnt euch erstmal zurück und genießt die (Bilder) Tour und das diesbezügliche Video.

Nach dieser wirklich beeindruckenden Wanderung rollt unser Wagen langsam die lange Passstraße wieder Richtung Tal und wir haben für heute beschlossen, uns mal ein feines Hotel zu gönnen. Was könnte da vor unsrer letzten off-road Abenteuertour wohl besser passen als das The View Hotel. Das Hotel ist schick und bietet tolle Ausblicke, die Zimmer selbst (vor allem die Balkone) sind natürlich ein Traum. Wie oft üblich stimmt auch hier das Preis – Leistungsniveau nicht wirklich, denn die verwendeten Materialen sind zum Teil sehr billig und noch dazu schlecht verarbeitet. Wie auch immer! Der Pool ist wirklich erfrischend, das Essen gut und das vorwiegend indische Personal (wie fast überall im Oman) herzlich und bemüht.

Nachdem wir uns kulinarisch, wie auch an den Ausblicken gelabt und eine erholsame Nacht auf ‚echten‘ Matratzen (nicht wie beim Campen auf Luftmatratzen) verbracht hatten, fuhren wir am nächsten Morgen Richtung Al Marrat – Jamal Shams (Asar’h). Diese Route wird selten befahren und ist eine spektakuläre Tour mit grandiosen Ausblicken. Ganz oben am Berg und wirklich isoliert liegt das Sunrise Resort welches zur Provinz ‚South Patina Rustaq (auf der nordwestlichen Seite) von Jamal Shams gehört und über die Straße von Al Hamra (39 km) erreichbar ist. Ich weiß, das klingt alles sehr verwirrend und ist es auch! Daher an dieser Stelle noch mal die Buchempfehlung: Oman-off-Road-Explorer, ohne jenes wir nicht mal einen Bruchteil der Wege, Pisten, Wüstentouren oder Berg- bzw. off-road Touren gefunden hätten.

Noch ist unsere Oman Reise nicht zu Ende und eigentlich ist es unglaublich was wir alles in so kurzer Zeit erlebt, gefahren und unternommen haben. Die Eindrücke so wie die Namen der Dörfer, Berge und off-road Touren vermischen sich einem ‚Cocktail Omani‘. Schwer beeindruckt von der nächsten Tourenbeschreibung fahren wir am nächsten Morgen in das Wadi An Nakhur, welches der tiefste Canyon im Nahen Osten (und der zweit tiefste weltweit nach dem Grand Canyon in Arizona) ist. Anbei ein Link über die Hajar – Mountains wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob jener zu einem besseren Verständnis oder zur weiteren Verwirrung beiträgt.

Die Fahrt in den Canyon ist einfach spektakulär und beeindruckend, denn schließlich ist man es im Oman gewöhnt von weit oben in die steil abfallenden Schluchten zu blicken. Doch jetzt ist es genau umgekehrt. Über holprige enge off-road Strecken und vorbei an senkrechten Wänden führt diese Tour tief in den Schlund des Omanischen Grand Canyon ! Gigantische Felsen säumen den Weg, welcher sich immer tiefer in den enger werdenden Canyon frisst. Wir kommen aus dem Staunen nicht raus und die bis zu 1000 Meter vertikal aufragenden Felswände werfen dramatische Schatten, Abenteuer pur ! Auch diese Tour ist relativ unbekannt und das schönste daran ist wohl, dass es weder entlang der Straße noch am Ende des Tales ein Souvenir Geschäft, eine Touristeninformation oder eine Restaurant zu finden gibt.

Warnung: Sollte es stark bewölkt sein oder gar regnerisch, ist es weise nicht in den Canyon einzufahren. Vielfach wird das Wetter bei solchen abgelegenen Touren unterschätz und daher kommen im Oman auch jährlich einige Personen aufgrund von Springfluten bei solchen Touren ums Leben !

Ja, es gibt ein Al Nahkhur Dorf, ca. 7 km entlang des off-road Weges endet die holprige Straße und zurzeit wird das mini Dorf von sechs Familien besiedelt. Vom Dorf aus lohnt es sich einfach den Pfad entlang des kleinen Baches zu wandern, welcher auch Ausblicke auf den oben beschriebenen ‚Balcony Walk‘ bzw. auch auf den 1000 Meter höher liegenden Aussichtspunkt des Jamal Shams freigibt.

Immer noch im Banne und benommen von den Eindrücken des Wadi An Nakhur machen wir uns langsam auf den Weg Richtung Maskat, der Hauptstadt des Sultanates. Für unsere letzte Nacht steuern wir Wadi Damm, welches den Titel als ‚World Heritage Site‘ verliehen bekommen hat, an. Die UNESCO verleiht den Titel Welterbe (Weltkulturerbe und Weltnaturerbe) an Stätten, die aufgrund ihrer Einzigartigkeit, Authentizität und Integrität weltbedeutend sind und von den Staaten, in denen sie liegen, für den Titel vorgeschlagen werden. Ich habe mittlerweile schon einige dieser ‚World Heritage Sites‘ gesehen und bei einigen, wie hier im Wadi Damm, fragt man sich ob die UNESCO auch nach der Verleihung (in regelmäßigen Abständen) die Standards und Vorraussetzungen solcher von Ihnen ausgezeichneten Orte kontrolliert ! Nachdem was ich hier an Verschmutzungen gesehen habe, wohl kaum !

Unsere imposante und eindrucksstarke Reise im Sultanate of Oman ist zu Ende und gerne verwende ich die einleitenden Worte dieses Blogs auch als Abschluss. Faszinierend, bewegend und eine orientalische Mischung aus 1001 Nacht mit der Moderne… so waren die ersten und die bis zum Ende unser Reise anhaltenden Erlebnisse und Eindrücke hier im Oman.

April 2017

 

 

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