Nara / Japan, Teil III
Mit 377.000 Einwohnern ist Nara ein ‚Städtchen’ unter den heutigen japanischen Großstädten, aber… Nara war in der Nara-Zeit von 710 bis 784 unter dem Namen Heijō-kyō die Hauptstadt Japans (also bevor Kyoto 784 Hauptstadt wurde). Aus dieser Zeit stammen die meisten der großen Tempelanlagen und ein Großteil ist auch heute noch sehr gut erhalten bzw. wird fortlaufend renoviert.
Im gemütlichen ‚Pendlerzug’ lässt sich Nara von Kyoto aus in gut eineinhalb Stunden erreichen. Wie üblich in Japan kann man sich auch in Nara darauf verlassen, bei der Ankunft alle wichtigen Informationen bezüglich Unterkünften und Bussen sowie generelle Auskünfte zu bekommen. Ich habe mir dieses Mal eine Airbnb-Unterkunft ein wenig außerhalb der Stadt gesucht, um eben zumindest ein bisschen was vom japanischen Dorfcharakter mitzubekommen. Das kleines Gästezimmer mit extra Bad und Toilette ist in 20 Fahrminuten mit dem Bus gut zu erreichen. Nach den hektischen Großstädten, dem Lärm und auch wegen der besseren Luft ist es jetzt eine wahre Wohltat einwenig abseits des Trubels zu sein. Generell ist zu sagen, dass die Japaner sehr häuslich sind und ihre Zurückgezogenheit auch sehr schätzen.
Wegen seiner vielen alten und gut erhaltenen Tempel gehört Nara mit zu den bedeutendsten touristischen Zielen in Japan. Mehrere Tempel, Schreine und Ruinen in und um Nara sind Teil des UNESCO-Weltkulturerbes, darunter Todaiji Tempel / Yakushiji Tempel / Kohfukuji Tempel / Kasunga Kaisha Shrine
Nara dient auch als Naherholungsgebiet von Osaka und Kyoto, dementsprechend ist der Andrang an den Wochenenden sehr groß. Die zum Kauf angebotenen Hirschkekse im Nara Park für 150 YEN gehen weg wie die warme Semmeln und somit ist auch das süße Selfie und Familienfoto mit den im Park heimischen und freilebenden Hirschen gewährleistet. Wer es sich einteilen kann sollte, wie bei allen Sehenswürdigkeiten die ich in Japan besucht habe, frühmorgens vor Ort sein. Die meisten Besucher, ob Touristen oder Japaner selbst, kommen normalerweise nicht vor 9 Uhr früh.
Am Weg zum Park gibt es natürlich alle möglichen Restaurants und Geschäfte und Eines, wo ihr zuschauen könnt wie Mochi hergestellt wird. Es macht Spaß zuzusehen, ist lustig und schmeckt ungewöhnlich, aber wunderbar. Mochi In Japan werden die kleinen Küchlein aus Mochireis, einem Klebreis, hergestellt. Traditionell wird der Reis dafür zunächst gedämpft. Nach dem Dämpfprozess wird die Reismasse dann in großen Holzbottichen mit Holzhammern geschlagen. Bei dem folgenden Video ist gut zu sehen, wie der Teig immer wieder gewendet wird. Die traditionelle Zubereitungsart ist sehr zeitaufwändig und wird daher nur noch bei Volksfesten oder Vorführungen angewendet. Maschinen haben mittlerweile den Herstellungsprozess deutlich vereinfacht und es gibt auch Mochi-Sorten die aus Reismehl hergestellt werden. mochi-pounding
Hier noch weitere Herstellungsdetails: Mochi-Grundrezept Doch woher bekommt der Teig seine Farbe ? Dafür ist Yomogi zuständig (ヨモギ oder seltener 蓬), es zählt zu den Kräutern und wird japanischer Beifuß (Artemisia princeps) genannt. Yomogi
Es war Sonntag Morgen, ein typischer trüb feuchter japanischer Wintermorgen (zumindest ist es im Süden meist so), und ich hatte keine große Lust raus zu gehen. Und auch wenn viele glauben Reisen, einen Blog schreiben und Fotos schießen sei der ‚Traumjob‘ dem sei an dieser Stelle gesagt, dass meine Arbeitswoche um einiges mehr als 40 Stunden hat. Speziell wenn ich, wie bei dieser Reise, nur ein bis zwei Wochen in einem Land bin.
Ein Blog beschränkt sich ja nicht alleine auf das Fotografieren und Texten (das alleine ist schon ausgiebig genug), sondern du bist am Reisen, am Checken, am Organisieren und Orientieren – Recherche und ständig (unterbewusst) auf der Suche nach Motiven, Geschichten und dem Speziellen. Über was ich schreibe, worauf ich meinen Fokus lege, ergibt sich eigentlich immer erst im Laufe meiner Erkundungen des neuen Ortes. Die Wahrnehmung bringt das Thema an die Oberfläche und formt, aufgrund des ‚anders Seins‘, den nächsten Blog. Einen Blog zu schreiben vergleiche ich gerne mit dem Töpfern. Man hat eine Grundidee, aber erst durch das Tun wird das Schöpferische zur Form.
Ich weiß… ich weiß… ich bin ein wenig abgewichen. Also… es ist dieser trübe feuchte Sonntag und ich bin schon ein paar Stunden unterwegs, ständig die Umkehr zur Unterkunft im Kopf, da ich noch keine einziges gutes Bild machen konnte. Doch dann, bei einem dieser vielen kleineren Tempel, entdeckte ich eine kleine Gruppe von Hochzeitsgästen. Nichts wie hin und bei allem Respekt musste ich (ein wenig) respektlos sein, sonst wäre nichts aus den Fotos geworden. Nachdem ich körpersprachlich um Erlaubnis gefragt hatte, es keine Einsprüche gab und die Zeremonie schon dem Ende zu ging, konnte ich die Hochzeit begleiten und so kam es zu den nun folgenden Bildern.
Im letzten der drei Blog-Beiträge über Japans Phänomene geht es nicht um ein solches Phänomen, sondern um ein aktuelles Problem bzw. eine gegenwärtige und zukünftige Herausforderung – die überalternde japanische Gesellschaft. Die diesbezüglichen Zahlen sind unglaublich, die Ansätze dazu äußerst spannend und werden sicherlich von einigen Ländern zukünftig kopiert werden (warum nicht mal andersrum was das Kopieren betrifft ?).
Einer der Grundgedanken und wesentlichen Pfeiler zu diesem Thema lautet: Sehr alte Menschen werden von weniger alten Menschen betreut. Japan treffen Überalterung und Bevölkerungsschwund weltweit als erstes – mit schweren Folgen für die Wirtschaft. 127 Millionen Menschen leben heute in dem Land. Im Jahr 2060 sollen es, dem japanischen Nationalen Institut für Bevölkerung und soziale Sicherheitsforschung zufolge, 40 Millionen weniger sein.
Bei durchschnittlicher Sterblichkeit und Fruchtbarkeit wird für das Jahr 2110 nur noch eine Einwohnerzahl von 43 Millionen prognostiziert. Ein Land, das eigentlich als fortschrittlich gilt, verliert seine Bevölkerung. Dazu gleich einige spannende und gute Berichte: Demografischer Wandel in Deutschland & Japan Japans Bevölkerung stirbt langsam aus
Und dann gibt es noch: Karōshi… und Karoshi bedeutet Tod durch Überarbeitung. Aufgrund der extremen Identifizierung mit der eigenen Firma vernachlässigen einige Angestellte die Bedürfnisse ihres Körpers. Hier ein Bericht aus: Karoshi / Tod durch Überarbeitung / Wikipedia – Karōshi
Nara / Japan, Jänner 2017