Während die letzten beiden Blog-posts meiner Reise zu einigen der faszinierendsten ethnischen Stämme Äthiopiens führten, teile ich diesen letzten Beitrag in zwei unterschiedliche Themenbereiche. Zum einen in eine kulturell historische Sightseeing-Tour nach Gondar & Lalibela und zum anderen in die kühlere, noch wenige beeinflusste Bergregion der Simien Mountains.
Das Foto zeigt dir den Verlauf des zweiten Abschnitts meiner Reise, durchgeführt mit Äthiopien Airlines und einem privaten Fahrer. Der erste Halt war in Bahir Dar (1830m) wo ich eine Bootsfahrt zum Tanasee, Äthiopiens größtem See, der 3673 Quadratkilometer groß und die Quelle des berühmten Blauen Nils ist. Viele der kleinen Inseln die über diesen See verstreut sind beherbergen Klosterkirchen von denen einige bereits im 14. Jahrhundert gegründet wurden. Die Wände einiger dieser Kirchen sind kunstvoll mit atemberaubenden Wandmalereien verziert. Historisches gibt es hier aber noch viel mehr zu sehen, wie das Kloster von Ura Kidane Mehret auf der Halbinsel Zeghie und die Blauen Nilfälle, die lokal als Tissisat bekannt sind („Wasser, das raucht„).
Von Königen und Kirchen bis hin zu Kaisern und Burgen: Ein weiteres Highlight der äthiopischen historischen Route ist das ,Camelot‘ Afrikas: Gondar, die erste Hauptstadt des äthiopischen Reiches, die 1632 mit dem gleichnamigen Königreich begann die Herrschaft von Fasilidas. In Gondar gibt es ein Dutzend Schlösser, die im Laufe von 236 Jahren von verschiedenen Kaisern erbaut wurden. Die Stadt scheint mehr europäisch als afrikanisch und hat auch islamische Einflüsse. Heute besuchte ich die Residenzen und Bäder von Fasilidas, die Kirche von Debre Berhan Selassie (Licht der Dreifaltigkeit), die auf dem Gipfel eines Hügels liegt.
Gondar ist eine königlich alte historische Stadt von Äthiopien. Es war die Heimat vieler Kaiser und Prinzessinen, die das Land vom 12. Jahrhundert bis zum letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts führten, wie z.B. Fasiledes, Kaiserin Mentwab, Iyasu I, Tewodros II, Kaiserin Taitu um nur einige wenige von ihnen zu nennen. Es ist die Heimat des höchsten Berges in Äthiopien, Ras Daschän 4533m und des Simien Mountains National Park. Gondar Castle, das äthiopische Camelot genannt, ist nicht eine einzelne Burg, sondern der Name des gesamten Komplexes von Schlössern und Palästen in der Gegend. Die älteste und eindrucksvollste von Gondars imperialen Bauwerken ist der zweistöckige Palast des Kaisers Fasilidas, der aus grob behauenen braunen Basaltsteinen besteht, die mit Mörtel zusammengehalten werden.
Etwa 2 km nordwestlich der Piazza liegt das Fasiladas-Bad, dass sowohl Fasiladas als auch Iyasu I zugeschrieben wird. Der große rechteckige Pool wird von einem charmanten Gebäude überragt, dass von manchen als Ferienhaus betrachtet wird. Es ist ein schöner und friedlicher Ort und obwohl der Komplex (ofiziell) zum Schwimmen genutzt wurde, wurde er wahrscheinlich für religiöse Feiern gebaut, die bis heute andauern. Einmal im Jahr wir das Becken für das Timkat Fest mit Wasser gefüllt und nachdem das Wasser vom Bischof gesegnet wurde, wird der Pool zu einem Aufschäumen von Wasser, Rufe und Gelächter, während Hunderte von Menschen hineinspringen. Die Zeremonie wiederholt die Taufe Christi im Jordan und gilt als wichtige Erneuerung des Glaubens.
Neben der Burg von Gondar gibt es noch zahlreiche historische Sehenswürdigkeiten, wie die Debre Birhan Selassie Kirche. Von außen ist es eher schlicht, aber sein Inneres hat es zu einer der wichtigsten Touristenattraktionen Äthiopiens gemacht. Die Wände zeigen biblische Szenen und Heilige und die Decke ist mit den Gesichtern von Hunderten von Engeln bedeckt. Ikonen der Heiligen Dreifaltigkeit (drei identische Männer mit Halos) und die Kreuzigung haben einen Ehrenplatz über dem Eingang zum Allerheiligsten.
Da ich jedoch mehr dem Natur- und Outdoor Typus entspreche kannst du dir vorstellen das ich, nachdem ich zwei intensive Tage mit der Besichtigung historischer Sehenswürdigkeiten verbracht habe, (ITCHY-FEET) juckende Füße, bekam! Es war an der Zeit weiter zu ziehen und so fuhr ich am nächsten Morgen zu den Simien Mountains. Auf Amharisch bedeutet ,Simien‘ Norden. Sämen (oder Simien) Nationalpark – Vor sechshundert Millionen Jahren waren die Berge eine enorme vulkanische Masse, Regen und Eis haben tiefe Risse in sie eingegraben. Flüsse haben die Erosionsarbeit fortgesetzt und eine der bedeutendsten Skulpturen auf dem Planeten geschaffen: Gipfel, Schluchten, Spalten und spitze, amethystfarbene Zinnen wie Obelisken. Die Simien Mountains in Äthiopien eignen sich hervorragende für Wildnis-Trekking, dazu kommen noch atemberaubende Landschaften, riesigen Klippen und Steilhängen so wie die Möglichkeit eine einzigartige Tierwelt wie die der Walia Ibex und Gelada Baboon zu entdecken. Willkommen in den spektakulären Simien Mountains.
Die Hauptattraktion des Nationalparks Simien Mountains ist seine Biosphäre: Die steilen Klippen und das kühle Klima auf der Höhe der ,Erica‘ Baumgrenze (3600 bis 4000 m) haben Bedingungen geschaffen, die dem Überleben einer bestimmten Steinbockart (Capra ibex) entsprechen und welche endemisch in den Simien Mountains sind. Sanfte Hochlandrücken bis in Höhen über 3600 Metern über dem Meeresspiegel, bedeckt mit Gräsern, vereinzelten Bäumen und dem bizarren Riesen Lobelia befinden sich auf dem Hochplateau welches abrupt bei 1000 bis 2000 m tiefen Steilhängen endet. Es sind kurze wie mehrtägige Wanderungen möglich, die Landschaft ist einfach atemberaubend und die Sichtungen der Tierwelt (fast) garantiert! Dschelada oder Blutbrustpavian – die Gelada Paviane und ihr Verhalten zu beobachten faszinierte mich und so verbrachte ich stundenlang im Gras um auch dementsprechende Fotos machen zu können.Die Gelada, die manchmal als der blutende Herzaffe oder der Gelada-Pavian bezeichnet wird, ist eine Spezies von Affen aus der Alten Welt, die nur in den äthiopischen Highlands zu finden ist.
Gelada leben in einer komplexen Multi-Level-Gesellschaft und sie sind die einzigen Primaten die hauptsächlich ,Graminivoren‘ (Grasfresser) sind, Grashalme machen bis zu 90 % ihrer Ernährung aus. Fortpflanzung und Erziehung sind eine große Sache im Leben der Paviane und eine Weibchen wird bis zu fünfmal pro Tag kopulieren! Wenn sie in ihrer Brunst sind, richtet das Weibchen ihr Hinterteil auf ein Männchen und hebt es an, wobei sie ihren Schwanz zur Seite bewegt. Das Männchen nähert sich dann dem Weibchen und inspiziert ihre Brust- und Genitalbereiche. Und los gehts.
Nach herrlichen Tagen des Wanderns und der Tierbeobachtungen im kühlen äthiopischen Hochlands war ich nun für den letzten Abschnitt meiner Äthiopienreise bereit, bereit für Lalibela!
LALIBELA: (ላሊበላ) oder NEU-JERUSALEM (früher Roha) ist eine heilige Stadt und Wallfahrtsort in Äthiopien. Lalibela liegt in der vormaligen Provinz Wällo. Der Ort liegt 2500 Meter hoch und hat ca. 9000 Bewohner welche fast vollständig äthiopisch-orthodoxen Christen sind. Aber egal was du über Lalibela gehört hast, egal wie viele Bilder du von seinen atemberaubenden, in Stein gehauenen Kirchen gesehen hast, nichts kann dich darauf vorbereiten, es selbst zu sehen. Es ist nicht nur ein Weltkulturerbe sondern wirklich ein Weltwunder. Die Felsenkirchen muss man einfach selbt gesehen und durchwandert haben um sie in ihrer Baukunst wie Ausstrahlung auch nur annähernd erfassen zu können. Für mich persönlich war es eine faszinierende unbegreifliche Achterbahn des Staunens und dabei schaffte ich bei den Besichtigung nur Hälfte der hier stehenden 11 äthiopisch-orthodoxen Kirchen.
Sie wurden im 13. Jahrhundert auf Befehl von König Lalibela erbaut, nicht von Grund auf, sondern sie wurden aus den roten Vulkanhügeln der Stadt gemeißelt. Die Legende besagt, dass die Arbeit tausender Arbeiter in diesem ,neuen Jerusalem‘ während des Tages und von Engeln in der Nacht fortgesetzt wurde. Lalibela – beschrieben von der Autorin Hilary Bradt (Gründerin von Bradt Reiseführer) ist die Anzahl der Sehenswürdigkeit vor Ort die wohl dichteste und von Menschenhand geschaffene Stätte in Subsahara – Afrika. Lalibela steht im Wiederspruch da sie einerseits die Verknappung (Hungers- & andere Nöte) verniedlicht und anderseits die Tourismus Zahlen/Besuche durch einen bereits fertig entworfenen Masterpaln steigern möchte. Auch sonst präsentiert sich Lalibela als schickes Äthiopisches Reiseziel und zeigt mit einer jährliche Wachstumsrate an Touristen mit bei 10% auf!
Die aus den Felsen gearbeiteten Kirchen wurden 1978 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Obwohl die Datierung der Kirchen nicht gut fundiert ist, wurden die meisten vermutlich während der Herrschaft von Lalibela gebaut, nämlich während des 12. und 13. Jahrhunderts. Die Dimensionen sind schwer zu erfassen darum füge ich hier einige Luftaufnahmen ein.
Lalibela ist die Heimat von Priestern, Mönchen, Gläubigen und dient als religiöses Heiligtum für Pilger aus der ganzen Welt. Überwältigt und von den architektonisch fundamentalen Eindrücken der Bauwerke schwerst beeindruckt brauchte ich jetzt erst mal einwenig Ruhe und so genoss ich am Dach des Hotels ausgezeichneten Äthiopischen Kaffee während meine Gedanken um die Erlebnisse, Abenteuer und Begegnungen der letzten drei Wochen kreisten. Anbei noch einige Fotos von den ansässigen Mönchen, Priestern und Pilgern von Lalibela.
Diese ländliche Stadt ist in der ganzen Welt für ihre Kirchen bekannt welche dort, wie schon beschrieben, aus dem ,lebenden Felsen‘ bzw. aus der Erde gehauen wurden. Der folgende Link bietet einen grafischen Überblick von den Felsenkirchen in Lalibela, wie sie angeordnet bzw. zu finden sind.
Aber nicht nur oberirdisch gibt es viel zu sehen denn auch die dunklen vielfach verzweigten Gänge unter der Erde führen zu, baulichen eindrucksvollen wie mystischen Orten. Anbei noch ein paar letzte Eindrücke von Lalibela bevor es für mich zurück nach Addis Abeba und dann weiter nach Österreich geht.
Das Kloster Na’akuto La: Die Lage ist absolut faszinierend und bietet eine weite Aussicht auf das Tal so wie auf die umliegenden Bergketten. Das Kloster ist nicht weit von Lalibela entfernt und wurde unter einem Felsvorsprung gebaut, welcher mir den friedlichsten Orte der letzten drei Wochen bietet. Zudem vermittelt das Kloster noch eine spirituelle Atmosphäre, umgeben von schöner Natur, einem kleinen Wasserfall und einem ruhigen Dorfleben.
Reisen in Äthiopien war ohne Zweifel anstrengend. Aber wenn man (wie ich) versucht sich von einigen der Hauptpfade fernzuhalten sollte das auch nicht überraschend sein. Nach meinen Online-Recherchen konnte ich zwei individuelle Fahrer für die verschiedenen Routen meiner Interessen ausfindig machen.
Die Verhandlungen über den Preis führte ich schon vor meiner Ankunft in Äthiopien und zahlte die Fahrer jeweils am Ende des Tages mit Bargeld. Die Kosten für die Auto-Anmietung, den Fahrer, Benzin und seine Unterkunft wurden auf $ 160 pro Tag fixiert, unabhängig von den gefahrenen Distanzen. Ich selbst habe viele Male im (oder außerhalb) des Autos sowie in wirklich günstigen und einfachsten Unterkünften geschlafen. Kein Wunder das ich mit Insektenstiche übersät war welche sich, noch Monate nach meiner Rückkehr, hartnäckig in ihrer Abheilung zeigten. Trotz all dieser Fakten war es eine unglaublich faszinierende und unvergessliche Abenteuerreise mit großartigen Erlebnissen.
Roland Hummer, Jänner 2018