Die letzten Wochen bereiste ich Millionenmetropolen wie Seoul, Osaka, Kyoto, Shanghai und Hong Kong – Städte die eine enorm hohe Geschwindigkeit, Dichte und eine streng getaktete Lebensweise mit sich bringen. In jenen Städten ist fast alles einem gewissen Automatismus unterworfen, der einen in seiner Eigendynamik wie ein Sog vereinnahmt und in einer endlos scheinenden Schleife der Zeit gefangen hält.
Es sei denn…, dass Leben spült dich an den Strand von El Nido auf Palawan – eine von den über 7000 Inseln der Philippinen.
El Nido, oder Hell Nido wie es mittlerweile auch genannt wird, ist ein trügerisches Paradies !
Als Weltreisender, unersättlicher Entdecker, Naturliebhaber, Taucher, Bergsteiger und leidenschaftlicher Tier- und Landschaftsfotograf bin ich natürlich für alle diese Entwicklungen mitverantwortlich und ja, es macht mir auf vielerlei Ebenen zu schaffen. Die Reisen dienen unter anderem der (Selbst)Reflexion und sie machen mich wachsam im Umgang mit Information. Und Information, auf welche Art auch immer, ist die Essenz des Bloggers. Daher arbeite ich intensiv an der Art, Darstellung und Philosophie, mit welcher ich zukünftig meine Bilder und Texte mitteilen werde. Die erste Idee diesbezüglich lässt sich leicht in einer Essenz zusammenfassen: SHARE TO PROTECT (über Details zu dem Thema werde ich in den folgenden Newslettern berichten).
Als ich auf El Nido landete stieg sofort das farbenfrohe Lebensgefühl der Leichtigkeit in mir empor und mein eigens Staunen über diese Einfachheit überraschte mich einmal mehr. Ich hatte fast vergessen wie schön das Schlichte, dass nicht Perfekte und Ungeplante sein kann. El Nido liegt auf der philippinischen Insel Palawan, im Südwesten des Landes und erinnert mich stark an das Thailand der achtziger Jahre. Ein traumhafter Ort zum Abhängen mit Reggae-Musik, unzähligen Bars, Restaurants, Touranbietern, Massagesalons und Hängematten. Zu all dem kommen noch die Tauchshops, Motorradverleihe und jede Menge Hotels bzw. Unterkünfte je nach Budget. Warum El Nido boomt ?
Es liegt unter anderem am Reichtum der einzigartigen Inselwelt, welche einen in den Bann zieht und in kindliches Staunen versetzt. Dann wäre da noch das locker lebendige Lebensgefühl, welches hier von den Philippinos gelebt wird und sich auf Reisende aus aller Welt überträgt. Die Inseln, mit ihren zum Teil steil schroffen Kalkwänden, beherbergen traumhafte Buchten, türkisfarbenes Wasser und Sandstrände in den Farbnuancen Weiss bis Gold. Endlich kann ich mal den Ausdruck paradiesisch in meinen Zeilen einfügen, denn hier ist Gott Türkis.
Aber der Schein trügt und ohne Zweifel bleibt auch El Nido nicht von den Nachteilen der touristischen Entwicklungen verschont. So sind seit einigen Jahren die negativen Indikatoren, wie die der ungeregelten Bebauung, in und um El Nido überall zu sehen. Der chaotische und durch die massive Überzahl von Ausflugsbooten gefährliche Bootsverkehr nimmt Ausmaße an, welche erschüttern und beschämend zugleich sind. Mit der Nachfrage steigt auch das Angebot und so werden Unmengen von landesuntypischen bzw. nicht heimischen Produkte, Lebensmitteln und alles was uns Zuhause sonst noch so lieb und recht ist importiert, um eben jenen Nachfragen gerecht zu werden. El Nido, ein weiterer Ort von einstiger Einfachheit, Schönheit und Tradition, den wir mit Gewohnheiten wie Cafè Latte, Falafel, Müsli und einer Vielzahl anderer Annehmlichkeiten jeglicher Art zugepflastert haben. Die Tradition ist nur mehr in den Büchern zu finden, die Umweltprobleme hingegen liegen ganz offensichtlich auf der Straße (und im Meer).
Die angebotenen Bootstouren in den traditionellen Bunka Booten sind definitiv das Highlight dieser traumhaft schönen Insel, aber egal ob du dich für Tour A, B, C oder D entscheidest, du wirst sie mit sehr vielen anderen Reisenden teilen müssen. Landschaftlich sind alle traumhaft schön, einzigartig und wirklich paradiesisch. Empfehlen würde ich aber keine einzige dieser Touren, da es sich um chaotischen und schlecht organisierten Massentourismus handelt. Wer also das ganze Gedränge ausblenden kann, um zuzusehen wie dann um Ankerplätze gekämpft wird, damit man überhaupt noch in einer der so zahlreichen Buchten ein Stück vom Paradies ab- bzw. mitbekommt, der ist hier richtig. Sehr bedenkliche Zustände im Allgemeinen, welche zusätzlich durch Selbstüberschätzung vieler Touristen, in Bezug auf die angebotenen Freizeitaktivitäten wie z.B. Kajakfahren (ohne Erfahrung, selbstständig und auf offener See), zu Dauereinsätzen der Coast Guards führen.
Die Nachfrage ist einfach so hoch, dass die Boote mehr werden, die Preise steigen und das Risiko für Unfälle stetig zunimmt. Immer NOCH läuft hier alles ungeregelt, unkontrolliert und chaotisch ab. Dazu kommen noch die relativ neuen Angebote wie die Partyboote, welche dann die alkoholisierten Touristen mit lauter Musik durch die Traumbuchten schippern.
Nicht untypisch und wie in vielen Ländern üblich, werden hierbei Vorschriften (falls es welche gibt) kaum eingehalte. Dass diese Missstände zu immer mehr Problematiken führen, wird derzeit einfach NOCH ausgeblendet. Auch die Küstenzonen, welche gesetzlich geregelt (18 Meter ab Höchststand der Flut) für die Öffentlichkeit frei Zugängig bleiben müssten, werden hier vielerorts rücksichtslos missachtet und verbaut.
Aufgrund der allgemeinen Umstände sind vermehrte Enttäuschungen der Gäste unvermeidlich, Unfälle an der Tagesordnung und ständige Preiserhöhungen unvermeidbar. Eine Alternative bietet sich an, wenn man sich in einer kleinen Runde von Freunden oder durch Bekanntschaften vor Ort zusammenschließt, um ein privates Boot für die Touren zu mieten. Ein Investition die sich lohnt, weil dadurch die Routen örtlich, zeitlich und individuell abgestimmt werden können.
Und dann gibt es noch Florent… mit seinem Segelboot ‚Serenite’. Es scheint so als würde der gebürtige Franzose hier nicht mehr so schnell weiter Segeln, nachdem er hier seiner philippinische Frau begegnet ist und mit ihrem zweijährigen Sohn ‚geankert’ hat.
„Serenite“ bietet Platz für vier Personen und Florent stellt sich auf die Wünsche der Gäste in Bezug auf deren Prioritäten bei der Segeltour ein. Wer also gerne segelt, schnorchelt, in einsamen Buchten schwimmt, fotografiert und einfach auch mal die Seele durch die traumhafte Inselwelt baumeln lassen möchte, wird von dem Angebot von Florent begeistert sein.
Das Segelschiff bietet einfachen Komfort und für die philippinische Küche sorgt seine Frau May, deren Gerichte der ganzen Tour noch mal eine zusätzliche Würze verleihen. Hier gleich mal der Link zu Florent: Sailing with Florent
Das Boot habe ich mit Marc, einem Schweizer den ich auf der Reise von Manila nach El Nido kennengelernt hatte, gechartert. Unsere generellen Resonanzen waren schnell wahrnehmbar und so entschieden wir uns, in Bezug auf die Segeltour, den Fokus auf das Segeln selbst zu legen, um dann abends in einsamen Buchten zu nächtigen. Florent war begeistert, welcher Segler würde das nicht sein ! Von Coron – Coron, gleich südlich von El Nido – paddelten wir zu dritt mit einem kleinen Beiboot, beladen mit den persönlichen Sachen sowie Wasser und Verpflegung, zum Schiff. Die rote Farbe des Bootes sieht im türkisfarbenen Wasser wirklich wunderschön aus und nach kurzem Paddeln sowie gewissenhafter Einschulung durch Florent hatten Marc und ich unsere Positionen am Schiff zugewiesen bekommen. Wir lichteten den Anker, Leinen los. Die Crew bei dieser Tour waren der Skipper Florent, Marc aus der Schweiz und ich.
Das Segeln dürfte bei Florent schon genetisch veranlagt sein, denn schon sein Großvater und auch sein Vater waren Segler. Diese Begeisterung und Verbundenheit war für mich bei unserer zweitägigen Segeltour von Anfang an und in jedem Moment spürbar. Florent zeigte uns jede Menge Handgriffe, Knoten und Techniken damit wir ihn beim Segeln unterstützen konnten, aber auch, um unsere kaum vorhanden Erfahrung diesbezüglich aufzufrischen.
Die Segel waren gesetzt und fast lautlos glitt die „Serenite“ vor sich hin. Wenige Worte begleiten das Geschehen. Wir waren glücklich. Wissbegierig in unseren Fragen beantwortete Florent geduldig unsere Neugier, welche uns, wie der heiße Kaffee in der menschenleeren Bucht, labte.
Abenteuergeschichten vermischten sich mit aktuellen Themen aus Wirtschaft, Politik und den alltäglichen Herausforderungen welche, sich Florent, nicht nur nautisch zu stellen hat. Isoliert in unserer eigenen kleinen großen Welt segelten wir verschiedenste Buchten, Strände und Felsformationen an, genossen den Wind, das erfrischende Meer und einfach die Momente des Bewusstseins, dass wir ein kleiner Teil dieser Faszination sind. Am frühen Abend ankerten wir in windgeschützten Buchten, schwammen in den Sonnenuntergang und genossen das herrliche Essen von May, während die Kerosinlampe am Mast im Einklang mit den Wellen schaukelte. Ein Glas Wein, das Plätschern der Wellen am Schiffsbug und die Gespräche mit Marc & Florent ließen die Tage ausklingen wie es besser nicht hätte sein können. Begleitet von den atemberaubenden Sonnenuntergängen und der Müdigkeit des Segelns zogen wir uns nach den Gesprächen in unsere Kojen zurück und ließen uns, einer großen Hängematte gleich, vom Schiff in den Schlaf wiegen.
Nach all den Träumereien und positiven Erlebnissen kam auch schnell die Ernüchterung: Mythos Schwalbennestersuppe. Die Kastinseln beherbergen viele Höhlen in welchen die Seglervögel Salanganen beheimatet sind – Lieferanten eines Mythos der chinesischen Küche: Schwalbennester. Noch heute werden sie gesammelt und El Nido ist einer dieser Orte in den Philippinen, wo jene Nester bewacht und dann der Natur geraubt werden. Die höchste Qualität wird in Gold aufgewogen, und das ist es wert: Die Männer von El Nido klettern in den Steilwänden über dem Meer auf der Suche nach dem weißen Gold der Salanganen. Internet Bilder zu: Schwalbennester für Suppen
Erst durch mein Teleobjektiv konnte ich eine dieser ‚Bewachungsstellen‘ ausfindig machen, die zu Zeiten der Schwalben Brut besetzt, bewacht und gegen andere (menschliche) Nesträuber verteidigt wird.
Die Insel Palawan hat natürlich noch mehr zu bieten als El Nido Stadt, Segeln und Essen. Wer sich also auf ein Motorrad schwingt, kann Wasserfälle, Dschungel, Buchten und Strände immer noch ganz für sich selbst entdecken, so wie Marc & ich.
Wie erwähnt sind fast alle Touristen in El Nido in Booten oder auf Nacpan Beach anzutreffen. Wer noch gute 30 Minuten weiter Richtung Norden fährt, kommt an den wunderschönen, zwei Kilometer langen und wenig besuchten Duli Beach mit gleichnamigem Resort. Duli Beach Resort
Tagebucheintrag Jänner 2017, Palawan – Philippinen
Dem der das Licht zur Welt erblickt drängt Bestimmung zur Entfaltung, wir sind der Wind in unserem Segel.